Stuttgart-Mühlhausen
Schafhaus
Wenn die Arrondierung der Siedlungsfläche zwischen dem Ortskern Mühlhausens und der nördlich anschließenden Kulturlandschaft erfolgreich verlaufen soll, müssen in diesem sensiblen Raum die Akzente sorgfältig gesetzt werden; insbesondere auch, um den dort möglichen hohen Wohnwert für die neuen Bewohner mit einem Mehrwert für die Bevölkerung Mühlhausens zu verbinden. Unser städtebaulicher Entwurf greift deshalb die stadtlandschaftlichen Begabungen des Ortes auf und überführt sie in den Entwurf einer Gartenstadt neuer Prägung. Ein ambitioniertes Freiraumgerüst vernetzt deren Quartiere mit der Ortschaft und führt gleichsam zu einer Omnipräsenz eines attraktiven Wohnumfelds. Auch die Wege werden verknüpft: Alle aus der Ortschaft führenden Straßenräume werden aufgegriffen und im neuen Gebiet fortgeführt. Die Veitstraße übernimmt für die Vernetzung eine besondere Rolle. Zentral für unsere Entwurfshaltung sind die Freiräume im Übergang von Stadt und Land: Übergeordnet bildet die geschwungene Allee mit ihrer zentralen Aufweitung zum Anger die Haupterschließung. Der bestehende Friedhof wird mit seinen prächtigen Bäumen zukünftig als Refugium eine zusätzliche Bedeutung erlangen. Zwei „Grüne Fugen“ gliedern die Quartiere, vermitteln und führen als öffentlicher Freiraum zur umgebenden Offenlandschaft mit ihren einbeschriebenen Nutzungen, wie dem Sonnenhof und dem Naturtheater. Der großzügige, rahmende und differenzierte öffentliche Freiraum formuliert den neuen, intensiv nutzbaren Rand der Quartiere und schafft so Abstand zwischen Wohnen und landwirtschaftlicher Nutzung. Wir nutzen in allen drei Bereichen Referenzen, Typologien, Analogien und Bilder aus der dem Ort umgebenden Landschaft. Städtebauliches Konzept: Die Konfiguration der Bebauung wird aus der Topographie abgeleitet. Am östlichen Eingang, an der neuen U-Bahnhaltestelle, entsteht der Schafhausplatz mit Bäckerei, Biomarkt, Mobility-Hub und Fahrradwerkstatt. Den Schutz vor Lärmeintrag übernimmt die Bebauung mit Bürogebäuden und Quartiersparkhaus. Die geschwungene Allee weitet sich im Mittelabschnitt zum Anger auf. Im Schnittpunkt mit der westlichen Grünen Fuge soll hier die Schule entstehen – im Zentrum der Quartiere und günstig zur bestehenden Ortschaft. Da sich an der westlichen grünen Fuge auch Pflege- und Servicewohnen, ein Ärztehaus und ein Jugendtreff befinden, könnte dort auch ein Kiosk rentieren. Damit wird die geometrische Mitte des Neubaugebiets zum Gelenk mit der Ortschaft. Auch weitere Nahtstellen zum Bestand werden mit grünen Trittsteinen kultiviert, wie etwa vor der Gaststätte Weidenbrunnen. Die sozial vielfältig gedachten Quartiere stellen ein breites Angebot an Wohnformen und Wohnqualitäten zur Verfügung. Die Wohnhöfe im Anschluss an den Bestand sind kleinteilig strukturiert. Zur Allee hin nimmt die städtebauliche Körnung zu. Die Quartiere am Ortsrand gliedern sich – eng verschränkt mit den Freiraumzonen – in drei Bereiche: Im Osten die Wohnterrassen mit Blick auf Neckar und Oeffinger Scillawald; in der Mitte die offenen Gartenhöfe am Gartenland und im Westen die Punkthäuser in der Streuobstwiese. Die geforderten vier Kindergärten mit insgesamt 15-Kita Gruppen sind dezentral und – direkt von der Allee erreichbar – im Quartier verteilt. Sollte es gelingen, die Schule als Familienzentrum weiterzuentwickeln, könnte hier in Ergänzung des Versorgungsbereichs an der Mönchfeldstraße ein sozialer Begegnungsort entstehen. Wohnort in sozialer Vielfalt: Aller Erfahrung nach gelingen neue Quartiere am besten, wenn sie kleinteilig gestaltet sind und überschaubare Räume bieten. Wir setzen in unserem städtebaulichen Konzept auf den klassischen Parzellenstädtebau. Damit kann auch jenseits der städtebaulichen Figuration ein Beitrag zu einem vielfältigen Ortsbild geleistet werden. Erfolgreiche Modellprojekte zeigen, dass in die kleinteilige Quartiersentwicklung sowohl neue Träger (Baugemeinschaften, Genossenschaften) wie auch Bauträger und Wohnungsbaugesellschaften einbezogen werden können und sich dort auch privat finanzierte Wohnungen mit gefördertem Wohnungsbau in einer produktiven Vielfalt begegnen. Das Wohnungsangebot deckt den derzeit erkennbaren Bedarf. Die individuellen Wohnformen (Stadthäuser) sind in die offenen Wohnhöfe integriert, der geförderte Wohnungsbau ist in allen Quartieren vorgesehen. Der modulare Aufbau des Entwurfs ermöglicht jedoch die Anpassung ohne Nachteile für die räumliche Konfiguration. Wohnen in und mit dem Freiraum: Im Abschnitt Süd – dem zum Neckar geneigten Hang – gibt es in den privaten Flächen größere, durch Mauern und Aufkantungen eingefasste private Gärten, abgeleitet aus dem Motiv Weinterrassen und -gärten. Die Erschließung erfolgt dort über private Stichstraßen. Dieses Bild setzt sich auch für die öffentlichen Freiflächen fort. Kleinteiligere, gegliederte, Flächen bieten Aufenthalt und können auch als Allmende für alle Ortsbewohner – nicht nur der neuen Mitbürger – für z.B. Wein- und Obstanbau genutzt werden. Die Adressierung der offenen Wohnhöfe und der Schule erfolgt von außen über den Anger, wie auch über Gassen. Entsprechend bilden sich geschützte grüne Höfe mit räumlicher Öffnung in die freie, unbebaute Landschaft, befestigte Gassenzonen zur Aneignung und als ergänzende Spielräume, die jedoch nur im Bedarfsfall von Fahrverkehr genutzt werden können. Parken ist dort nur für Menschen mit Einschränkungen möglich, Kurzhalten für Lieferverkehre. Die erleb- und erinnerbare Mitte wird durch einen sehr grünen, baumüberstellten, öffentlichen Anger ausgebildet, der ebenfalls verschiedene Nutzungen erlaubt. Angelagert an die Eingangszone der Schule unterstützt eine Platzfläche, die auch den Straßenraum gliedert, die Zentralität des Ortes. Die großzügigen öffentlichen Freiflächen bieten einerseits große zusammenhängende, teilweise baumüberstandene, Wiesen und Rasenflächen als Zonen für Sport und Spiel, andererseits kleinräumige und kleinteilige Aneignungsflächen für z.B. Aufenthalt, Feste und öffentlich nutzbares Grabeland. Ähnlich der vorhandenen Scheunen sind sogar öffentlich und gemeinschaftlich nutzbare kleinere Holzbauwerke in diesen Bereichen denkbar. Im westlichen Abschnitt schließlich finden wir das einzigartige Bild vom „Wohnen im Obstgarten“. Die Punkthäuser stehen hier mitten in den neuen Streuobstwiesen differenzierter alter Obstbaumsorten verschiedener Früchte. Private Freiflächen beschränken sich hier auf kleinere Fassaden gebundene Bereiche wie Terrassen und Freisitze, die Obstbäume dienen der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung und Nutzung. Um eine hohe Biodiversität zu gewährleisten soll bei der zukünftigen Entwicklung des Quartiers eine größtmögliche Vielfalt an unterschiedlichen Habitaten und Mikro-Lebensräumen geschaffen und dort wo möglich, erhalten werden. Notwendige Retentionsfunktionen und wenn möglichst auch Artenschutz-Ausgleichsflächen werden in die Freiraumstruktur integriert. Auch die Innenhöfe sollen unter dem Gesichtspunkt hoher Lebensraumvielfalt gestaltet werden, so z.B. durch die wechselfeuchten Retentionsräume, oder die angrenzenden Hecken und Privatgärten. Die Straßen und Parkbäume werden mit Vogelnährgehölzen und Obstbäumen komplettiert. Mobilität – Umweltgerecht und bewohnerfreundlich: Aus dem Ziel eines verträglichen Miteinanders von bestehender Ortschaft und Siedlungsergänzung leiten sich Änderungen im Verkehrsnetz Mühlhausens ab, die Schleichverkehr im Bestandsgebiet a priori ausschließen. Die setzt eine priorisierte Anbindung der Haupterschließung (Tempo 30) von und nach Kornwestheim sowie zwei Netzunterbrechungen voraus. Ergänzend wird vorgeschlagen, das Risiko von Abkürzungsfahrten durch den verkehrsberuhigten Ausbau der Bestandstraßen zu unterbinden. Leitverkehrsmittel im Quartier ist der Fußverkehr, dem ein dichtes Netz durch alle Nachbarschaften hindurch zur Verfügung steht. Erschlossen wird das Gebiet durch die Allee, die auch vom Bus befahren wird und die optimale Bedienung mit den ÖPNV garantiert. Besucherstellplätze mit dem Faktor 0,1 werden nur entlang dieser Haupterschließung angeboten. Die Fahrradstellplätze, sind dezentral verteilt, E-Bike-Sharing ist in den drei Mobility Hubs zentralisiert. Die Gassen in den Nachbarschaften sind autofrei. Die Bewohnerstellplätze in drei Quartiersgaragen angeboten. Die Stellplätze der offenen Wohnhöfe unter Ausnutzung der Topografie in Unterflurgaragen angeboten. Sie werden überwiegend direkt an den Quartierseingängen angefahren. Beim Zuschnitt des Garagengrundrisses haben wir darauf geachtet, dass in allen Gartenhöfen Bäume mit optimalen Bodenanschluss gepflanzt werden können. In allen Garagen stehen Elektro-Carsharing-Fahrzeuge und Sharing Bikes zur Verfügung.
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